Ausstellungsansicht Haus am Kleistpark 2017
Chicamocha Canyon, 2014, Print auf Zeitungspapier 4 Bahnen, 254 x 380 cm, Unikat

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2017 Haus am Kleistpark, Berlin

Wie ein klassisches Gemälde wird Landschaft ins Bild gesetzt: Die Fotografie Chicamocha Canyon präsentiert ein weites umfassendes Panorama mit stimmig abgegrenzten Farben und Strukturen aus rötlich braunem Erdreich vor einem tiefen Tal, fernen Gebirgszügen, darüber ein dicht bewölkter Himmel. Weit, karg, schön, einsam – verbinden sich hier Nähe und Ferne zum Ausgangspunkt für Tagträume. Ziel erreicht. Doch entpuppt sich eine imaginierte Figur oder das an dieser Stelle erwartete Gipfelkreuz als unübersehbares temporäres Zeichen unserer Zeit, das Gleitschirmflieger an den Rand des Plateaus setzten, um damit die Windrichtung zu lesen – und unsere Wahrnehmung immer wieder genau an diesem Punkt zu fixieren. Nicht minder zeichenhaft erhebt sich am menschenleeren Strand von Palomino eine fragile Architektur und mutiert an dieser Stelle zur Landmarke und poetischen Chiffre, an der sich Gedanken verorten und gleichwohl mit dem offenen Meer und all seinen Konnotationen verbinden. Mit ihren subtil ausgewählten Perspektiven gelingt es Susanne Wehr immer wieder, unsere Erwartungen an bestimmte Bilder und Motive zu unterlaufen und den durch kulturelle Konditionierung überlieferten Bilderkodex zu hinterfragen.

Bestand ihr Arsenal fotografierter Erinnerungen zu ausgewählten Sujets bisher aus anonymen Dias und Abzügen, die die Künstlerin auf Flohmärkten und im Netz fand, und als offenes System umfassender Kategorien der Öffentlichkeit zugänglich machte, sind es hier ausschließlich Zeugnisse künstlerischer Erfahrungen, die sie mit einem Video zur Fotografie im Film beziehungsreich zusammenführt, um im dezidierten Zusammenspiel aus Stillstand und Bewegung, erzählter Geschichte und thematischem Kondensat den Kern dessen auszuloten, was die Anziehung und Wirkkraft von Fotografie ausmacht.

Dr. Birgit Möckel