if love is a red dress

Fotografien zusammengestellt von Susanne Wehr

2012, ep – contemporary, Berlin
Katalog

Susanne Wehr konzentriert sich in der vorliegenden Auswahl aus ihrer Sammlung anonymer Privatfotografien auf Aktdarstellungen weiblicher Körper, einige akzentuierend ausgestattet mit verführerischen Accessoires. Sie verwendet dabei aus dem umfangreichen Fundus oft nur Details oder Körperausschnitte, die so komponierten Bilder sind wiederum in Kontext zu Musikstücken gesetzt. So auch die titelgebende Country-Soul-Ballade If Love Is a Red Dress (Hang Me in Rags) der amerikanischen Sängerin und Songwriterin Maria Mc Kee (Soundtrack aus Quentin Tarantinos Film Pulp Fiction).

Ein Hinweis darauf, dass es der Künstlerin nicht um die rein erotische Komponente nackter Körper geht, sondern um Gefühle wie Liebe, Begehren, Sehnsucht, Sensibilität, Verlust, ja ganz allgemein um Emotionen und die Verletzlichkeit des Menschen, die in der Nacktheit der Körper besonders zum Ausdruck kommt. Der Begriff „Intimität“ bekommt vor diesem Hintergrund ebenfalls eine doppelte Bedeutung, zum einen im Hinblick auf das Bildsujet, zum anderen im Hinblick auf die Erinnerungsarbeit Susanne Wehrs, die sich im sensiblen Umgang mit dem vorgefundenem Fotomaterial manifestiert.

Die Ausschnitthaftigkeit und Fragmentierung nimmt den Erinnerungsbildern anonymer Herkunft und Autorenschaft ihre Individualität. Selbst das gut erkennbare Gesicht einer jungen Frau mit asiatischen Zügen und auffällig rot geschminkten Lippen wirkt in seiner leichten Unschärfe maskenhaft. Das weichgezeichnete Antlitz verströmt einen Hauch von Erotik, wobei die Sinnlichkeit der Frau untermalt scheint von Traurigkeit oder Sehnsucht: das Antlitz wird so zu einer stilisierten Ikone und bleibt für den Betrachter unnahbar. Sicherlich ist es dem weiblichen Blick der Künstlerin geschuldet, dass keiner der nackten Frauenkörper einen unterwürfigen Objektstatus einnimmt oder ausdrückt – im Sinne weiblicher Verfügbarkeit in kommerziellen pornografischen Bildern, die den patriarchalen männlichen Blick bedienen. Susanne Wehr verwendet die Körper (-Ausschnitte) in erster Linie als Stimmungsträger, und ihre Choreographie der Körper wird zur Hommage an den Dualismus von „Sense and Sensibility“: Fast lässt sie uns glauben, Gefühl und Verstand seien miteinander zu vereinen.

Manuela Lintl

Katalogtext

Ausstellungsansichten, Galerie ep-contemporary, Berlin 2012